Die Translozierung

Als Translozierung bezeichnet man den dokumentierten Abbau, die Versetzung und den möglichst originalgetreuen Wiederaufbau eines Gebäudes an einem neuen Ort. 

Auch das Ortenauhaus wird in Großteilen von Durbach aus der Nähe von Offenburg in das Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof nach Gutach transloziert. Die Translozierung verläuft in den folgenden sieben Schritten:

1. GEBÄUDEBESTANDSAUFNAHME

Das Ortenauhaus wurde bereits komplett mit einem 3D-Laserscan aufgenommen. Von den einzelnen Geschossen wurden verformungsgerechte Pläne erstellt, ebenso Ansichten, Längs- und Querschnitte. Anhand der Bestandsaufnahme und den daraus entstandenen Planunterlagen wird festgelegt, wie das Gebäude in größtmögliche Elemente aufgeteilt werden kann, um möglichst wenig von der Gebäudesubstanz zu beschädigen.

Translozierung

Verformungsgerechte Planerstellung mittels eines 3D-Laserscanners.

Translozierung

Eine vertikal und horizontal abgetrennte Wand mit der Spezialverpackung und -verspannung nach dem „JaKo-System“.

2. KATALOGISIERUNG UND VERPACKUNG DER BAUTEILE

Anschließend wird das Rebhaus, wie das Ortenauhaus auch genannt wird, in transportfähige Stücke zerteilt, knapp 50 an der Zahl. Grundlage dieser Aufteilung sind die statische Anordnung des Gebäudes, die Bestandsaufnahme, sowie die Erfahrungswerte von JaKo Baudenkmalpflege GmbH. Da es sich hierbei um ein Fachwerkhaus handelt, werden die Wandelemente an den Holzverbindungen gelöst, um so wenig wie möglich in die Originalsubstanz einzugreifen. Durch diese Technik kann die Beschädigung am Gebäude auf ein Minimum reduziert werden. Anschließend werden die einzelnen Elemente mit einer diffusionsoffenen Spezialverpackung aus Holz und Stahlelementen umhüllt, welche die Wandelemente und deren Beschichtungen optimal schützt.

Zudem ermöglicht diese Spezialverpackung einen einfachen und sicheren Transport der einzelnen Elemente. Die Decken werden ebenfalls komplett in transportable Elemente aufgeteilt, gesichert und verpackt. Durch die Spezialverpackung können die originalen Deckenaufbauten inkl. der originalen Deckenputze am Stück und ohne Zerstörung erhalten werden. Auch alle Einzelteile, wie beispielsweise Türen, Fenster und Fußböden sowie der Dachstuhl werden nummeriert, in die Planunterlagen eingetragen und dann einzeln aus- bzw. abgebaut.

3. ABBAU UND TRANSPORT

Der Abbau der Großteile geschieht mittels eines Autokrans, welcher die schweren Wand- und Deckenteile auf bereitgestellte Tieflader verlädt. Bis dahin wurde die gesamte Logistik der Transporte organisiert, wie zum Beispiel Genehmigungen für erforderliche Straßensperrungen oder Transportgenehmigungen. Der Abbau und Transport der Bauteile erfolgen an mehreren Tagen. Das Gebäude inkl. aller Wände, Decken und Einzelteile wird mit den Tiefladern in die JaKo-Restaurierungshalle gefahren.

Transport der Großteile in die Restaurierungshalle.

Originalgetreuer Wiederaufbau des Gebäudes in der Restaurierungshalle und anschließende Restaurierung, hier beispielhaft am Effringer Schlössle zu sehen.

4. AUFBAU UND RESTAURIERUNG IN DER JAKO-RESTAURIERUNGSHALLE

Im nächsten Schritt wird das Ortenauhaus in der Restaurierungshalle im Maßstab 1:1 wiederaufgebaut. Beschädigte Teile werden nun erneuert oder restauriert. Sämtliche Baustoffe werden von eventuell vorhandenen Schädlingen befreit. In der temperierten Halle sind alle Restaurierungsarbeiten wetter- und temperaturunabhängig ganzjährig durchführbar. Dadurch entfallen u. a. Kosten für den Auf- und Abbau von Gerüsten, sowie das Auf- und Abplanen des Gebäudes. Parallel zu den Restaurierungsarbeiten in der Halle werden am neuen Standort auf dem Museumsgelände die Fundamente und der neue Betonkeller erstellt.

5. VERLADEN DER BAUTEILE UND TRANSPORT AN DEN NEUEN STANDORT

Nach erfolgter Restaurierung in der Restaurierungshalle wird das Ortenauhaus wieder in transportfähige Teile zerlegt, gesichert, verpackt und anschließend auf die Tieflader verladen. Anschließend werden die Bauteile an ihren neuen Standort gefahren, das Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach.

Transport der restaurierten Einzelelemente an den neuen Standort.

Wiederaufbau des Gebäudes am zukünftigen Standort, dem Freilichtmuseum. Auf dem Bild zu sehen ist hier das Effringer Schlössle.

6. WIEDERAUFBAU AM NEUEN STANDORT

Der Wiederaufbau des restaurierten Ortenauhauses erfolgt innerhalb weniger Tage. Die Gebäudeelemente werden auf der zuvor erstellten Fundamentierung und dem Keller Stück für Stück wiederaufgebaut, vergleichbar einem Fertighaus.
Anschließend werden alle Schnittstellen wieder fachgerecht verschlossen, so dass keine Übergänge mehr sichtbar sind.

7. FERTIGSTELLUNG DES GEBÄUDES

Nach dem Wiederaufbau erfolgt der Innenausbau, bei dem die technische Gebäudeausrüstung und die noch fehlenden Einzelelemente, wie Fenster, Türen, Bodenbeläge, und Schalter wiedereingebaut werden. Hierbei werden möglichst viele originalgetreue Materialien verwendet. Dies bezieht sich sowohl auf die Einrichtungsgegenstände als auch auf die technische Ausstattung. Anschließend kann das Gebäude an das Museum übergeben werden.

Gebäude nach der Fertigstellung, wie hier beim Effringer Schlössle.